Warum nicht „5 Whys“ in Retrospektiven?

 

5 Whys
5 Whys

Wer häufiger Retrospektiven moderiert ist oft auf der Suche nach guten Ideen um diesen eine interessante und für die Teilnehmer wertvolle Struktur zu geben. Ein sehr hilfreiches Tool ist hier der Retro-O-Mat von Corinna Baldauf. Aber nicht alle Übungen, die man im Internet findet sind für Retrospektiven zu empfehlen. Heute schauen wir uns einmal ein sehr bekanntes Tool an, das ich schon häufig in der freien Wildbahn erleben durfte. Die „5 Whys“. Ich werde argumentieren, dass die 5 Whys – trotz dem sie oft verwendet werden – eigentlich ein schlechtes Tool für Retrospektiven sind.

Was sind die „5 Whys“?

Die „5 Whys“ sind eine Idee aus der Ecke des Lean Manufacturing. Genauer gesagt sind sie ein Hilfsmittel aus dem Toyota Production System (TPS). Dort werden sie verwendet um bei Fehlern der Wurzel des Problems auf die Schliche zu kommen. Die Grundidee ist es, nicht nach dem ersten „Warum“ mit dem Fragen aufzuhören, sondern nach der ersten Antwort noch mindestens vier mal „Warum“ nachzufragen um die wirklichen Ursachen des Problems zu finden. Das ist natürlich sehr hilfreich, da es wenig Sinn macht, Symptome zu bekämpfen, wenn man Ursachen behandeln kann. Aus diesem Grund haben es die „5 Whys“ wohl auch in Retrospektiven in agilen Teams geschafft. Sie sind sogar eine der Übungen, die in „Agile Retrospectives“ von Derby/Larsen in der „Generate Insights“-Phase vorgeschlagen werden. Und natürlich findet man die 5-Whys auch in vielen Online-Ressourcen zum Thema.

Was sind Retrospektiven?

Was aber ist eine Retrospektive in einem agilen Team? Grundsätzlich ein Termin, in dem es darum geht, Probleme aufzudecken, Lösungen zu finden und Verbesserung zu erzielen… Wenn das so ist, dann passen die „5 Whys“ doch wie aufs Auge! Oder?

Warum nicht „5 Whys“?

Why Not?
Why Not?

Unglücklicherweise sind die Kontexte, in denen wir Retrospektiven durchführen keine mechanischen Systeme (wie das bei der Ursachenanalyse im TPS der Fall ist). Vielmehr gehen wir – oder zumindest ich – davon aus, dass wir es mit komplexen adaptiven Systemen (CAS) zu tun haben. Diese Systeme haben viele interessante Eigenschaften. Unter anderem gibt es in einem komplexen adaptiven System keine lineare (oder sogar keine erkennbare) Ursache-Wirkungs-Korrellation mehr. Das bedeutet, wir können für ein gegebenes Ereignis nie sicher sagen, was die Ursache dafür war. Wer das große Glück hat, Vater oder Mutter zu sein, wird das sofort verstehen: Geben Sie mal den genauen Grund an, warum ihr Kind seinen Schlitten mit großer Freude über das neue Laminat zieht. Oder warum es sich plötzlich im Badezimmer auf den Boden wirft und anfängt zu brüllen… Vermutlich ist es eine große, unübersehbare Menge an Dingen, die vorher passiert sind und zu diesem Ergebnis geführt haben.

Complex Adaptive Systems: „The number of elements is sufficiently large that conventional descriptions […] are not only impractical, but cease to assist in understanding the system.“ (Wikipedia on Complex Adaptive Systems)

Wie viel Sinn macht es, in einem solchen System zu versuchen die eine Wurzel des Problems zu finden? Richtig: keinen.

Und so sind die „5 Whys“ ein wunderbares tool um in komplizierten, technischen oder mechanischen Systemen Ursachenanalyse zu betreiben. In Retrospektiven haben sie nur selten einen echten Wert.

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